Otto Kresch: "Es hat einfach alles gepasst"

Die Geschichte der HSG ist eng mit dem Namen Kresch verbunden. Bis heute unterstützt Otto Kresch als Präsident den Verein. Ein Interview über die jahrzehntelange Liebe zum Handball und zur HSG.

Das Interview stammt aus dem HSG Jubiläumsmagazin "99 00 01". Das komplette Magazin kann hier als PDF heruntergeladen werden.


Sie begleiten die HSG schon seit Jahrzehnten. Warum, wie hat diese Verbindung begonnen?
Ja, in der Tat, es sind mittlerweile wirklich schon einige Jahrzehnte vergangen. Ich war damals mit einigen Spielern und Funktionären befreundet. Daraus entstand sehr bald das Bedürfnis und der Wunsch in mir dem Handball in Bärnbach/Köflach zu helfen bzw. ihn zu unterstützen. Gemeinsam mit meiner Frau haben wir sodann einfach angepackt, finanziell und durch unser Netzwerk. Dieser enorme persönliche Einsatz hat, so denke ich, den Werdegang des Vereins maßgeblich mitgestaltet und beeinflusst. Auch in meiner Funktion als langjähriger Präsident hatte ich die Möglichkeit die Geschicke der HSG zu leiten und dabei viele Erfolge einzufahren. Zugute gekommen ist uns dabei natürlich auch noch, dass ich zwölf Jahre lang als Vizepräsident des Österreichischen Handballverbands tätig war und ich dadurch mit Sicherheit viel Aufmerksamkeit österreichweit, aber auch international gesehen, auf die HandballerInnen in unserer Region lenken konnte. Darauf blicke ich mit großer Freude zurück.

Was war der schönste Moment in dieser Zeit?
Es gab sehr viele schöne Momente, was es wirklich schwer macht, den schönsten daraus hervorzuheben. Aber ich glaube ganz oben steht wahrscheinlich jener Moment, als wir zum ersten Mal österreichischer Meister wurden. Da war auf einmal eine Euphorie da, und zwar nicht nur bei mir oder bei den Spielern, sondern im ganzen Bezirk. Eine Euphorie, die ich bis heute nicht vergessen kann. Ein unglaublich schöner Moment in meiner sportlichen Karriere.

Wie sind Sie eigentlich generell zum Handballsport gekommen, waren Sie auch selbst aktiv?
Sie sagen es, ich war in meiner Jugend ein aktiver Handballspieler. Allerdings war es damals noch der Sport des Feldhandballs. Auf einem freien Feld, besser gesagt auf einer Wiese, wurde da gespielt. Heutzutage gibt es diese Sportart in der ursprünglichen Form nicht mehr, zumindest wäre es mir nicht bekannt, doch gilt der Feldhandball als Mutter des Handballsports, so wie wir ihn heute kennen. 

Um die Jahrtausendwende war die HSG der erfolgreichste Handballklub Österreichs. Wie ist das damals gelungen?
Es hat einfach alles gepasst: Die Spieler, der Trainer, die Funktionäre, das Publikum, die Sponsoren und nicht zu vergessen die beiden Gemeinden Bärnbach und Köflach, die ich hier nochmals besonders hervorheben möchte. Und ja, ich glaube, dass auch das Engagement von meiner Frau und mir in der Funktion des Präsidenten dazu beigetragen haben, dass uns die herausragenden Leistungen am und rund um das Spielfeld damals zu recht zum erfolgreichsten Handballklub Österreichs gekürt haben.  

Es gab auch große Pläne, was davon konnte realisiert werden?
Ich denke, dass wir damals ganz wesentliche Fundamente und Strukturen geschaffen haben, die bis heute von Dauer sind. Ein Gradmesser dafür ist aus meiner Sicht der Nachwuchs, die Jugend. Diese war mir stets ein großes Anliegen. Und wie man sieht, ist sie nach wie vor sehr stark und kann dies mit vielen sportlichen Erfolgen belegen. Dass dem so ist, glaube ich, liegt auch daran, dass wir damals aus der Euphorie heraus eine Leidenschaft im Bezirk und in der gesamten Region pflanzen konnten, die sich bis heute erhalten hat, wenn nicht sogar noch gewachsen ist. Und das auch in Zeiten, in denen es vielleicht sportlich gerade nicht so gelaufen ist. Ich denke wir haben das treueste und beste Publikum in ganz Österreich. 
Wenn ich also zusammenfasse, darf ich doch behaupten, dass unser wohl wichtigster Plan bzw. unser wichtigstes Ziel von damals, nämlich den Handball als fixen Bestandteil unserer Region zu etablieren und damit Begeisterung, Freude und Leidenschaft zu schaffen, völlig aufgegangen ist. Das macht mich sehr stolz.

Was nicht – und warum?
Nun, im Nachhinein betrachtet hätte sicher das eine oder andere besser laufen können. Aber ich sage immer: Wo gehobelt wird, da können auch Späne fallen. Das ist, glaube ich, so. Dementsprechend müssen und dürfen wir schon zufrieden sein.

Gibt es etwas, das sie heute gerne nachholen würden?
Auf die Schnelle fällt mir dazu eigentlich nichts ein. Ich denke, dass ich, sowie auch meine Frau, damals alles gegeben habe, was auch durch unsere Erfolge am Spielfeld belohnt wurde. Und ich bin unserem Verein als Ehrenpräsident und Sponsor nach wie vor sehr verbunden. Wie gesagt, ich wüsste gerade nicht, was ich somit versäumt hätte.

Sie begleiten den Handball ja schon seit langem. Hat sich die Begeisterung der Fans in der Region in dieser Zeit verändert?
Wie vorhin schon erwähnt, ist von einer diesbezüglichen Veränderung aus meiner Sicht nichts zu bemerken. Die Leidenschaft und die Begeisterung für den Handballsport hier bei uns in der Region sind nach wie vor ungebrochen groß, wenn nicht sogar noch größer als damals, als wir im Verein begannen uns an die Arbeit zu machen. Also, ja, vielleicht hat sich schon etwas verändert, nämlich das, dass aus der anfänglichen kleine Pflanze Handball ein nicht mehr weg zu denkender Faktor in unserem Bezirk geworden ist.

Anfang der 2000er spielte die HSG in der Qualifikation zur Champions League, in den letzten Jahren entweder in der zweiten Liga oder gegen den Abstieg aus der höchsten Spielklasse. Wie könnte man die HSG wieder nach oben führen?
Die Zeiten und Voraussetzungen haben sich seit den großen Erfolgen grundlegend und wesentlich verändert. Der Sport ist – und das kann man drehen und wenden, wie man will –  um ein Vielfaches teurer geworden, wenn man ganz oben mitspielen möchte. Die Vereine, die aktuell ganz vorne dabei sind, brauchen und haben ein deutlich höheres Budget als wir. Internationale Top-Spieler haben einen Preis, den wir uns einfach nicht leisten können. Dies ist ja nicht nur schlecht, denn es zeigt, dass sich dieser Sport seit dem Feldhandball zu einer Sportart etablieren konnte, die in der Gesellschaft hohe Anerkennung genießt, vielen Menschen ein Einkommen verschafft und zumindest ebenso vielen Menschen große Freude bereitet. 
Und genau hier muss man, denke ich, heute realistischerweise die Perspektive ansetzen: Es ist nämlich nicht so entscheidend, ob wir ganz vorne bzw. ganz oben mitspielen. Ja, wäre natürlich schön, aber viel wichtiger und wirklich entscheidend ist, dass der Handballsport und das ganze Drumherum sowohl uns selbst, als auch unseren so treuen Fans (noch) Spaß machen. Dass wir die Jugend weiterhin fördern und zu diesem so schönen Sport motivieren können, das ist mir, wie schon gesagt, unglaublich wichtig und wird es auch weiterhin bleiben. Aber Achtung, man darf mich auch nicht falsch verstehen: Ich will damit nicht zu verstehen geben, dass mir Leistung und Ziele jetzt egal sind und es einerlei geworden ist, ob es nach unten geht oder nicht. Ganz im Gegenteil, für unseren Sports- und Kämpfergeist sind wir stets bekannt gewesen. Doch es gefällt mir persönlich einfach besser, wenn wir in der Bundesliga ganz vorne und ohne Krampf mitmischen, als dass wir uns in der höchsten Spielklasse am unteren Ende bewegen und um den Klassenerhalt kämpfen müssen. 
Dass ich mit dieser Meinung nicht auf Gegenliebe bei unseren Funktionären stoße, ist mir wohl bewusst. Vielleicht haben sie ja auch recht. Aber ja, wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Schön und spannend ist es allemal, wenn wir wie jetzt  ganz oben mitspielen. Die Leidenschaft dafür ist ja nach wie vor da und war auch nie weg. Und mit dieser werden wir auch die aktuell unglaublich schwierige Zeit aufgrund der COVID-19 Pandemie überstehen und durchtauchen.